Vormundschaft und Betreuung

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Vormundschaft für Kinder
Pflegschaften
Betreuung Erwachsener
Notfall: Unterbringung und andere Zwangsmaßnahmen

Wer trifft Entscheidungen für Kinder, deren Eltern verstorben sind oder der Verantwortung für ihren Nachwuchs nicht nachkommen? Minderjährige brauchen dann einen Vormund, den das Gericht zu bestellen hat. Das Familiengericht – eine Abteilung am Amtsgericht – sorgt dafür, dass Beauftragte ihren Aufgaben im Sinne des Kindes nachkommen.

Doch auch für Erwachsene gibt es eine staatliche Rechtsfürsorge. Dahinter steht die Frage: Wer regelt die rechtlichen Belange eines Familienangehörigen*, wenn er selbst dazu nicht mehr in der Lage ist? Darüber entscheidet das Betreuungsgericht, das ebenfalls eine Abteilung des Amtsgerichts ist.

Details zu den Verfahren –> siehe "Leistungen"

Vormundschaft für Kinder

Sind die Eltern eines Kindes verstorben, muss das Gericht einen Vormund berufen, der die elterliche Sorge wahrnimmt. Vormund kann jeder geeignete Erwachsene werden. Angesprochen sind in erster Linie Vertraute des sogenannten Mündels: Verwandte oder auch Pflege- und künftige Adoptiveltern.

Tipp: Sie sorgen für den Ernstfall vor, indem Sie testamentarisch einen vertrauten Menschen als Vormund für Ihre Kinder benennen.

Wird Eltern im Rahmen familiengerichtlicher Verfahren die elterliche Sorge entzogen, ordnet in der Regel das Familiengericht die Vormundschaft an. Steht dafür keine geeignete Person zur Verfügung, kann das Familiengericht auch das Jugendamt zum Vormund bestellen (Amtsvormund).

Beispiele für die Anordnung von Amts wegen:

  • Weder Mutter noch Vater sind zur gesetzlichen Vertretung des Kindes berechtigt, zum Beispiel weil das Sorgerecht entzogen wurde oder ruht, weil die Eltern unauffindbar sind.
  • Die Eltern eines Findelkindes können nicht ermittelt werden.

Mit dem Verfahren überträgt das Gericht dem Vormund die gesamte Verantwortung für die Vermögens- und die Personensorge eines Kindes.

Pflegschaften

Mit der Vormundschaft für Minderjährige und der rechtlichen Betreuung für Erwachsene regelt das Gericht langfristig für die Betroffenen einen übergeordneten Verantwortungsbereich. Daneben kann beispielsweise das Gericht für Teilbereiche noch sogenannte Pflegschaften einrichten. 

Sinn und Zweck einer Pflegschaft ist es, eine gesetzliche Vertretung in Belangen sicherzustellen, die der Betroffene nicht selbst wahrzunehmen vermag. Handelt es sich dabei um Pflegschaften für Erwachsene, ist es eine Angelegenheit des Betreuungsgerichts, sind Kinder betroffen, trifft die Entscheidungen das Familiengericht. Ist den Eltern beispielsweise während der Scheidung das Sorgerecht für ihr Kind teilweise entzogen, so ordnet das Familiengericht für verschiedene Aufgaben eine sogenannte Ergänzungspflegschaft an (etwa für die Verwaltung des Vermögens).

Weitere Beispiele sind der Verfahrensbeistand für minderjährige Kinder ("Anwalt des Kindes"), die Verfahrenspflegschaft in Betreuungs- und Unterbringungsverfahren oder die Nachlasspflegschaft (Nachlass-Sicherung) für unbekannte Erben.

Betreuung Erwachsener

Vorsorgevollmacht/Patientenverfügung einrichten!

Was Eheleute, Kinder, Freunde bei der Pflege eines nahestehenden Menschen oft nicht bedenken: Wichtige Entscheidungen über Operationen etwa oder auch zur Wohnung, über Geld und Vermögen kann niemand einfach im Namen eines anderen treffen. Auch Vertrauenspersonen benötigen dafür eine schriftliche Vollmacht. 

Eine Ausnahme gilt seit dem 01.01.2023 für Eheleute und Lebenspartner. Ihnen steht ein gegenseitiges gesetzliches Notvertretungsrecht in bestimmten Angelegenheiten der Gesundheitssorge zu, wenn der andere Ehegatte oder Lebenspartner aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen kann. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss vorher durch einen Arzt festgestellt werden. Das so genannte Notvertretungsrecht ist dann auf maximal sechs Monate begrenzt. Damit soll verhindert werden, dass das Betreuungsgericht in Fällen der bloß vorübergehenden Handlungs- und Entscheidungsunfähigkeit einen Notbetreuer im Eilverfahren bestellen muss.

Hinweis: Wenn Sie nicht möchten, dass Ihr Ehegatte oder Lebenspartner in einer Notsituation für Sie die Entscheidung über die Durchführung oder Unterlassung von Heilbehandlungen, Untersuchungen oder ärztliche Eingriffen trifft, sollten Sie dies Ihrem Ehegatten oder Lebenspartner vorher mitteilen. In diesem Fall ist das Vertretungsrecht ausgeschlossen. Es besteht die Möglichkeit, den Widerspruch gegen das Ehegattenvertretungsrecht in das Vorsorgeregister eintragen zu lassen.

Außerhalb des Ehegattenvertretungsrechts sorgen Sie für sich und Ihre Angehörigen vor, indem Sie eine Betreuungsverfügung/Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht hinterlegen.

Rechtliche Betreuung durch Gerichtsbeschluss

Menschen in hilfloser Situation können viele Angelegenheiten nicht selbst regeln. Sind weder Familienangehörige, Bekannte noch Beschäftigte sozialer Dienste mit Hilfeleistungen betraut, muss ein rechtlicher Betreuer die Belange des Betroffenen wahrnehmen. Das ist ein tiefer Eingriff in das Recht auf Selbstbestimmung. Aus gutem Grund darf nur das Betreuungsgericht am Amtsgericht festlegen, wer die rechtliche Betreuung übernehmen darf und für welchen Aufgabenkreis er tätig werden darf.

Das Betreuungsgericht greift nur ein, wenn ein Mensch seine Angelegenheiten ganz oder teilweise rechtlich nicht mehr besorgen kann. Dies geschieht – soweit noch möglich – auf Antrag der betroffenen Person oder auf Hinweis eines Dritten (etwa Angehörige, die Nachbarn oder die Klinikleitung).

Benötigt ein gebrechlicher Mensch lediglich praktische Hilfe bei der Haushaltsführung, beim Gang zum Arzt oder zur Sparkasse, ist eine Betreuung im rechtlichen Sinn nicht gerechtfertigt.

Hinweis: Sollte in einer akuten Situation schnelles Handeln vonnöten sein, kann das Gericht im Eilverfahren (einstweilige Anordnung) einen vorläufigen Betreuer bestellen, ihn entlassen oder seine Aufgaben erweitern.

Betreuer sind zur Rechenschaft verpflichtet

Rechtliche Betreuer sehen sich einer großen Verantwortung gegenüber. Das Betreuungsgericht achtet darauf, dass die Interessen des betreuten Menschen in jedem Fall gewahrt bleiben. So muss das Gericht nicht nur die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung, sondern auch jede Entscheidung zur Kündigung der Wohnung des Betroffenen genehmigen.

Auch dass Betreuer das Vermögen im Sinne der Betroffenen verwalten (Vermögenssorge), ist regelmäßig nachzuweisen. Rechtliche Betreuer sind nicht nur verpflichtet, ein Vermögensverzeichnis zu führen, sondern das Gericht verlangt von ihnen eine detaillierte Rechnungslegung.

Notfall: Unterbringung, andere Zwangsmaßnahmen oder Zwangsbehandlungen

Nicht selten bringen sich psychisch kranke, geistig oder seelisch behinderte Menschen in akute Gefahr, drohen, sich zu verletzen oder gar zu töten. Ist diese Akutsituation nicht anders abwendbar, kann davor die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung, zum Beispiel in einem Krankenhaus oder Pflegeheim schützen. Manchmal ist auch eine andere freiheitsentziehende Zwangsmaßnahme ohne Unterbringung ausreichend, wie zum Beispiel das Anbringen eines Bettgitters, oder aber es ist eine Zwangsbehandlung, zum Beispiel Medikamentengabe erforderlich. Diese Maßnahmen kann der Betreuer veranlassen, wenn ihm der Aufgabenbereich der Gesundheitsfürsorge mit Aufenthaltsbestimmung übertragen wurde.

Achtung! Rufen Sie in einer akuten Gefahrensituation immer die Polizei über den Notruf 110. 

Muss der betreuten Person gegen ihren Willen die Freiheit entzogen werden oder eine Zwangsbehandlung erfolgen, ist immer eine gerichtliche Genehmigung erforderlich. Betreuer allein können darüber nicht bestimmen. Besteht noch keine rechtliche Betreuung für den Bereich der Gesundheitssorge mit Aufenthaltsbestimmung, entscheidet das Betreuungsgericht, ob eine Ausdehnung der Befugnisse des Betreuers erfolgen kann.

Unterbringung, andere freiheitsentziehende Einzelmaßnahmen und Zwangsbehandlung sind auch bei Minderjährigen auf Veranlassung des Sorgeberechtigten oder Vormunds möglich – hier gelten besondere Regelungen. Eine gerichtliche Genehmigung ist aber ebenso vorgeschrieben.

Exkurs

Die örtliche Verwaltungsbehörde beim Landratsamt (in kreisfreien Städten bei der Stadtverwaltung) kann in Akutsituationen auch von Amts wegen geeignete Zwangsmaßnahmen ergreifen und die öffentlich-rechtliche Unterbringung des Betroffenen veranlassen. Dieser Fall tritt ein, wenn

  • keine rechtliche Betreuung besteht,
  • die Gesundheitsfürsorge mit Aufenthaltsbestimmung nicht zum Aufgabenbereich der Betreuung zählt oder
  • sich das Akutverhalten der oder des psychisch Kranken auch auf andere Personen richtet (Fremdgefährdung).

Die Unterbringung muss ebenfalls vom zuständigen Betreuungsgericht genehmigt werden. Gleiches gilt für darüberhinausgehende freiheitsentziehende Einzelzwangsmaßnahmen und Zwangsbehandlungen.

*) Um verständlich zu bleiben, beschränken wir uns auf die verallgemeinernden Personenbezeichnungen, sie beziehen sich immer auf jedes Geschlecht – die Redaktion

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Freigabevermerk

Sächsisches Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung; Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. 04.09.2023